Herkunft des Konzepts: Wir bestehen aus vielen inneren Stimmen
Im NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) wird dieses Konzept ebenfalls verwendet: Es geht davon aus, dass die menschliche Persönlichkeit aus verschiedenen Teilen besteht, die alle positive Absichten verfolgen, sich jedoch in ihren Strategien widersprechen können. Dieses Modell wird im NLP nicht nur als theoretisches Konzept verstanden, sondern aktiv in Veränderungsprozesse integriert.
Persönlichkeitsanteile im NLP
Im NLP wird das Modell der Persönlichkeitsanteile verwendet, um innere Konflikte zu verstehen und zu lösen. Jeder Anteil steht dabei für eine bestimmte Motivation, ein Bedürfnis oder eine Strategie. Diese Anteile können in Konkurrenz zueinander stehen – etwa ein Anteil, der sich nach Ruhe sehnt, und ein anderer, der Leistung erbringen möchte.
„In dir selbst liegt die Kraft, dein Leben zu führen – nicht einer deiner Teile, sondern du.“
Das Ziel im NLP ist nicht, Anteile zu unterdrücken, sondern sie zu würdigen, zu integrieren und in einen kooperativen Dialog zu bringen – wie Mitglieder eines Teams, das unter einer gemeinsamen Führung steht.
Einigkeit im Inneren – Grundlage für Kongruenz
Wenn die Mitglieder des inneren Teams gut zusammenarbeiten, entsteht innere Einigkeit (Kongruenz). Diese Einigkeit führt zu kongruentem Verhalten – also einem stimmigen Auftreten, das nach außen klar und authentisch wirkt. Gedanken, Gefühle und Handlungen sind im Einklang.
Beispiel: Eine Person steht vor einem beruflichen Vortrag. Wenn das innere Team einig ist – ein Anteil liebt das Thema, ein anderer genießt es, vor Menschen zu sprechen, ein dritter freut sich auf das Ergebnis – wirkt der Vortrag souverän und authentisch.
Konflikte im inneren Team – Ursachen für Inkongruenz
Wenn Anteile sich widersprechen, entsteht Inkongruenz. In diesem Fall wirken Körpersprache, Stimme und Inhalt nicht mehr stimmig. Typische Erscheinungsformen sind:
- Unsicheres Auftreten trotz starker Argumente
- Zögerliches Verhalten bei wichtigen Entscheidungen
- Innerer Druck oder das Gefühl, zerrissen zu sein
- Körpersprache, die der verbalen Aussage widerspricht
- Unklare Kommunikation oder Entscheidungsunfähigkeit
Beispielhafte Formulierungen in Gesprächen deuten auf innere Konflikte hin:
- „Ein Teil von mir würde am liebsten sofort kündigen ... aber ein anderer Teil will noch durchhalten.“
NLP-Techniken für die Arbeit mit dem inneren Team
Das NLP bietet gezielte Formate, um das innere Team zu erkennen, mit ihm zu arbeiten und es in eine stimmige Richtung zu führen:
- Teile-Arbeit / Teile-Verhandeln: Beteiligte Anteile eines inneren Konflikts werden identifiziert und in einen Dialog gebracht.
- Verhandlungs-Reframing: Unterschiedliche Anteile verhandeln auf Augenhöhe, um eine neue Strategie zu entwickeln, die alle Interessen berücksichtigt.
- Sechs-Stufen-Reframing (Six step reframing): Der positive Zweck eines problematischen Verhaltens wird herausgearbeitet. Anschließend wird eine neue, angemessenere Strategie gesucht, um diesen Zweck auf bessere Weise zu erfüllen.
Diese Techniken fördern Integration statt Ausschluss – Ziel ist eine neue innere Ordnung und Zusammenarbeit.
Anzeichen für Konflikte im inneren Team
Innere Teamkonflikte zeigen sich häufig indirekt, etwa durch:
- Ambivalenz oder widersprüchliche Impulse
- Handlungen, die nicht dem eigenen Wollen entsprechen
- Entscheidungen, die sich nicht stimmig anfühlen
- Überraschend starke emotionale Reaktionen
- Wiederkehrendes Zögern oder Grübeln
Sprachlich zeigen sich solche Konflikte oft in Wendungen wie:
„Ein Teil von mir will … ein anderer Teil aber …“
Verantwortung übernehmen: Wer fährt den Bus?
Trotz des Modells des inneren Teams bleibt die Verantwortung beim bewussten Ich. Es gibt keine innere Basisdemokratie. Vielmehr wird das bewusste Ich im NLP als eine Art Geschäftsführung verstanden, die die verschiedenen Teammitglieder (Anteile) anhört, ihre Anliegen ernst nimmt – aber letztlich entscheidet.
NLP-Mitbegründer Richard Bandler prägte hierfür die Frage:
„Wer fährt den Bus?“
Diese Metapher macht deutlich, dass die Führung im Inneren nicht unbewusst delegiert werden sollte, sondern dass Selbstverantwortung und Steuerungsfähigkeit im Zentrum jeder Veränderungsarbeit stehen.
Wozu ist das gut?

Das Modell des inneren Teams hilft, innere Widersprüche zu erkennen und aufzulösen. Es schafft ein tieferes Verständnis für scheinbar widersprüchliches Verhalten. Es stärkt die Selbstführung und die Entscheidungsfähigkeit. Es unterstützt die Entwicklung von Kongruenz und innerer Klarheit. Es fördert persönliche Entwicklung, emotionale Ausgeglichenheit und authentische Kommunikation.
Der Autor

Dr. Martin Fellehner
Dr. Martin Fellehner ist pädagogischer Leiter und Dozent von NLP Hessen. Er gestaltet die Unterrichtsmaterialen und den Internet-Auftritt.
Im "echten Leben" leitet er das Marketing-Team eines Bildungszentrums im RHein-Main Gebiet.